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  • Führung braucht Orientierung

    Führung braucht Orientierung

    Führung braucht Orientierung und eine Vision als Kompass

    In den Bergen Portugals bin ich an vielen Steinmännchen vorbeigekommen – sorgfältig gebaut, als Zeichen für den richtigen Weg.
    Doch nicht alle führten ans Ziel. Manche waren falsch gesetzt. Zum Glück hatten wir auch einen lokalen Guide dabei, der wusste, welche Markierungen wirklich Orientierung gaben – und welche bloss Nachahmung waren.

    Auch im Berufsleben begegnen wir täglich solchen „Steinmännchen“: Gewohnheiten, Abläufen und Strukturen, die uns vermeintlich Sicherheit geben, uns aber oft von der eigentlichen Richtung abbringen.


    1. Orientierung ist keine Methode – sondern eine Haltung

    In vielen Organisationen wird Orientierung mit Planung verwechselt.
    Es werden Strategien entwickelt, Sitzungen geplant, Reporting-Zyklen festgelegt.
    All das ist sinnvoll – aber noch keine Orientierung.

    Orientierung entsteht, wenn Führungskräfte wissen, wofür sie handeln, wohin sie wollen und was sie leitet. Sie ist weniger eine Methode als eine innere Klarheit.

    Eine Führungsperson mit Orientierung strahlt Ruhe aus – selbst in unruhigen Zeiten.
    Fehlt diese Klarheit, greifen Menschen zu externen Markierungen oder Hilfsmitteln:

    • Wir machen das Meeting, weil es im Kalender steht.
    • Wir verfolgen das Projekt, weil die Mitbewerber es tun.
    • Wir messen Erfolg, weil die Kennzahlen es so verlangen.

    Das ist funktional – aber nicht führend.
    Orientierung beginnt dort, wo Führung wieder Sinn macht.


    2. Vision als Kompass – nicht als Poster

    Viele Unternehmen haben eine Vision – irgendwo zwischen Leitbild und Wandgrafik.
    Doch eine Vision entfaltet nur Wirkung, wenn sie gelebt, überprüft und mit Entscheidungen verknüpft wird.

    Eine klare Vision dient als Kompass, nicht als Slogan. Sie beantwortet Fragen wie:

    • Wofür lohnt sich unsere Energie wirklich?
    • Was trägt langfristig Wirkung – und was ist nur Aktionismus?
    • Welchen Unterschied wollen wir machen – für Kunden, Teams und Gesellschaft?

    Eine Vision, die nicht handlungsorientiert ist, ist wie ein Steinmännchen im Nebel: sichtbar, aber nutzlos.

    Führungskräfte, die ihren Kompass ernst nehmen, fragen sich regelmässig:

    „Bringt uns das unserer Vision näher – oder beschäftigt es uns nur?“

    Diese Frage ist unbequem – aber sie ist die Basis jeder echten Führung.


    3. Falsche Markierungen im Führungsalltag

    In Coachings sehe ich immer wieder ähnliche Muster – Steinmännchen, die längst nicht mehr führen, aber weiterhin im Weg stehen.

    a) Meetings als Sicherheitsnetz

    Das wöchentliche Statusmeeting mit zwölf Personen vermittelt Kontrolle, schafft aber selten neue Klarheit.
    Führung bedeutet, zu unterscheiden, wann Austausch nötig ist – und wann Stille mehr Wirkung entfaltet.

    b) Prozesse als Alibi

    Viele Organisationen verstecken sich hinter Prozessen.
    „Wir haben den Prozess eingehalten“ wird zum Ersatz für Verantwortung.
    Doch Führung heisst, Entscheidungen zu treffen – nicht, sich hinter Regeln zu verstecken.

    c) Benchmarking als Orientierung

    Wir vergleichen uns, messen uns, passen uns an.
    Doch wer ständig nach rechts und links schaut, verliert die eigene Richtung.
    Eine Strategie, die auf Nachahmung basiert, ist keine Strategie – sondern Reaktion.


    4. Warum Innehalten keine Zeitverschwendung ist

    Orientierung braucht Momente des Innehaltens – nicht, um Tempo zu verlieren, sondern um Richtung zu prüfen.

    In einem Coaching im Gehen passiert genau das:
    Man bewegt sich – und dennoch entsteht Raum für Reflexion.
    Der Körper geht, der Kopf denkt nach.
    Das schafft jene Distanz, die nötig ist, um das grosse Ganze zu sehen.

    Viele Führungskräfte berichten, dass sie ihre klarsten Gedanken draussen haben – nicht am Schreibtisch.
    Denn wer sich bewegt, sieht weiter.

    Ein kurzer Moment der Distanz genügt oft, um zu erkennen, dass man sich zwar anstrengt – aber in die falsche Richtung läuft.


    5. Strategie ist kein Dokument

    Eine gute Strategie ist kein Papier, das man verteilt.
    Sie ist ein Denkrahmen, der sich im Alltag bewährt.
    Sie hilft, Prioritäten zu setzen, Ressourcen zu bündeln und Entscheidungen zu begründen.

    Doch viele Strategien scheitern nicht an ihrer Logik, sondern an ihrer fehlenden Verbindung zur Realität.
    Sie werden top-down formuliert, aber nicht bottom-up gespürt.

    Strategische Klarheit entsteht erst, wenn Führungskräfte sie mit Leben füllen – durch Dialog, Feedback und Kurskorrekturen.
    Orientierung ist dynamisch. Sie braucht Mut, Gewohntes loszulassen.

    In diesem Sinn ist Strategie kein Endprodukt – sondern ein fortlaufendes Gespräch zwischen Vision, Realität und Menschen.


    6. Praxisimpuls: Der Kompass-Check

    Ein einfaches Ritual, das ich Führungskräften oft empfehle, ist der wöchentliche Kompass-Check.

    Stelle dir einmal pro Woche drei Fragen:

    1. Was hat mich dieser Woche meiner Vision nähergebracht?
    2. Womit habe ich nur Routine gepflegt?
    3. Was möchte ich bewusst anders setzen – als neues Steinmännchen für meine Richtung?

    Dieser kurze Moment schafft Fokus.
    Er verwandelt Aktionismus in Absicht – und erinnert daran, dass Führung mehr ist als Bewegung.


    7. Orientierung als Führungsqualität der Zukunft

    Orientierung wir künftig zur Schlüsselkompetenz.
    Nicht, weil alles planbar wäre – sondern weil Klarheit Halt gibt, wo Kontrolle endet.

    Führungskräfte, die Orientierung geben, schaffen Vertrauen.
    Sie verbinden Richtung mit Sinn, Strategie mit Menschlichkeit, Zielorientierung mit innerer Haltung.

    Sie wissen:

    Vision ohne Orientierung ist blind.
    Orientierung ohne Bewegung ist Stillstand.
    Bewegung ohne Vision ist Hektik.


    Schlussgedanke – und eine Einladung

    Vielleicht braucht es im Leben – wie in den Bergen – immer wieder Momente, in denen man stehen bleibt, den Blick hebt und prüft, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.
    Nicht jede Markierung ist verlässlich.
    Aber die eigene Vision, wenn sie ehrlich gepflegt wird, bleibt der sicherste Kompass.

    Denn Orientierung entsteht nicht durch mehr Bewegung – sondern durch Klarheit über das Ziel.

    Welche „Steinmännchen“ hast du in deinem Führungsalltag entdeckt?

    Führungskräfte Coaching – Erfolg mit mycoaching2go
    The evolution of leadership: Past insights, present trends, and future directions – ScienceDirect